Zweite Auswertung der 9. kollektiven Intelligenz Eventwoche

Zweite Untersuchungsfrage: Lassen sich Umsetzungen der Thesen der Referenten in der Praxis erkennen?

Wir haben in den letzten 8 Wochen über 100 Thesen der Referenten im Internet gesucht und zum Teil auch gefunden und versucht zu prüfen, ob die Inhalte in der Praxis oder Wissenschaft ( als Vorstufe zur Praxis) noch auftauchen (im Internet) und weiterhin zur Umsetzung bzw. Anwendung in der Praxis oder Wissenschaft in der Breite oder auch in der Tiefe des jeweiligen Themas führen.

Diese Aufgabe war sehr zeitaufwendig und zum Teil nur sehr schwer durchführbar. Ältere Thesen aus der Praxis wurden durch neuere Entwicklungen überdeckt oder fanden keine Veröffentlichungen mehr im Internet. Wissenschaftlichen Thesen fanden wir vor, aber zum Teil waren die Informationen bzw. Inhalte fragmentiert oder nur noch punktuell gepflegt oder weiter entwickelt worden. Wir konnten zehn Erkenntnisse ermitteln.

Zehn Erkenntnisse!

Erste Erkenntnis: Hier haben wir die erste Aussage, das Internet speichert nicht alle Themen, Inhalte und Wissensverläufe der Themen der kollektiven Intelligenz kontinuierlich ab. Wir fanden zum Teil nur noch Fragmente einzelner Thesen bzw. konnten feststellen, dass auch die Referenten sie nicht dauerhaft pflegten und oder veröffentlichten. Innerhalb der Communitys waren sie damals Teil der Diskussionen aber heute nicht mehr relevant. Einzelne Thesen konnten wir über mehrere Jahre gut nachverfolgen andere leider nicht mehr.

Zweite Erkenntnis: Einzelne Thesen sind seit der Veröffentlichung hier auf dem Blog zu Modebegriffen oder Themen geworden und nach wenigen, intensiven Monaten der Internet-Diskussion wieder verschwunden oder stark in der Internet-Öffentlichkeit zurückgegangen. Z.B. die Sicherheits-  oder Eigentums-Themen innerhalb der Shareconomy oder die Persönlichkeits- und Verwertungs-Rechte innerhalb von Open Innovation Portalen sind immer noch im Internet zu finden, sind aber zur Zeit keine Themen mehr der aktuellen Diskussion.

Dritte Erkenntnis: Wenn alle Referenten eine gemeinsame Aussage getroffen haben, dann war das diese, alle Themen der kollektiven Intelligenz werden sich weiter verbreiten und noch stärker entwickeln. Dem können wir nur zustimmen. Seit über 5 Jahren suchen wir alle 4 Monate im Internet nach den wichtigsten oder neuesten Themen bzw. Thesen der kollektiven Intelligenz. In dieser Zeit ist die Präsenz der Themen erheblich angestiegen. Viele neue Thesen und Themen sind dazu gekommen.

Vierte Erkenntnis: Es gab vor über 4 Jahren (Beginn des Aufbaus der ersten kollektiven Intelligenz Eventwoche) kein eindeutigen Modebegriff, Thema oder These, das die Themen der kollektiven Intelligenz dominierte. Auch heute gib es sie nicht. Zu unterschiedlich sind generellen Themen wie Swarming, Open Innovation, Crowdsourcing, Shareconomy oder die Open Source Bewegung. Allerdings sind innerhalb einzelner Überbegriffe große Unterschiede feststellbar. Crowdsourcing und Open Innovation haben seit Jahren noch hervorstehende Modethemen. Erste Veränderungen sind sichtbar. Damals war eine der großen Thesen unserer Referenten, das Crowdfunding zu einem wesentlichen Finanzierungsmodell für Start-Ups wird. Heute könnte man immer noch zu dieser Einschätzung kommen. Eine andere These war damals, das Open Innovation das Thema der Zukunft wird für Innovationsprozesse in Unternehmen. In einzelnen Unternehmen ist es bestimmt so aber leider noch nicht in der Breite der innovativen Unternehmen. Open Source hatte damals kein Modethema und heute auch nicht.

Fünfte Erkenntnis: Open Source und Swarming sind immer noch die Bereiche mit der größten, wirtschaftlichen Bedeutungen innerhalb der Märkte und der größten Informationsdichte im Internet in den Themen der kollektiven Intelligenz. Aber diese Bereiche werden oft nicht den Themen der kollektiven Intelligenz zugeordnet. Crowdsourcing als Finanzierungsmodell wird zurzeit als Wunderwaffe gegen unfähige, unwillige Banker eingesetzt. So sehen es jedenfalls viele Träumer im Crowdfunding. Wer in der Shareconomy lebt und seine Werte teilt braucht immer weniger Geld oder bald kein Geld mehr. Diese beiden Thesen haben unsere Referenten damals kritisch gesehen und sie sind es auch bis heute in der Internet-Öffentlichkeit geblieben. Allerdings zeigt sich auch an diesen vier Beispielen (fünfte Erkenntnis), dass es eine Internet-Öffentlichkeit der unkritischen, breiten Masse gibt, die gern jedes mediale Schwein durchs Dorf treibt, wesentliche Erkenntnisse sich aber in der Breite kaum durchsetzen. Manche Thesen unserer Referenten kämpfen noch heute mit diesem Problem. Auch das war eine generelle These vieler Referenten.

Sechste Erkenntnis: Keine These oder Thema ist verschwunden oder wurde durch die Kräfte der Märkte aufgerieben. Die Thesen, die wir weiterverfolgen konnten, wurden zum Teil auch oft in andere Zusammenhänge getragen. In den Communitys gibt es eine große Bereitschaft das Wissen aus einem Themenbezug in einen anderen Themenbezug zu übertragen. Es werden somit Lernkurven oder Teile der Lernkurven in anderen Bereichen der kollektiven Intelligenz übernommen und eingesetzt. Warum auch nicht! Das Internet ist eben nicht nur Informationsbasis sondern gleichzeitig auch Basis der Geschäftsmodelle. Diese horizontale Wissenstransformation haben sich einige Referenten gewünscht und jetzt ist sie vorhanden. Wer gute Erfahrungen mit dem Teilen von Fahrrädern gemacht hat, wird sich auch sein Sofa mit anderen teilen können.

Siebte Erkenntnis: Thesen, die innerhalb der jeweiligen Woche zu nah an der old economy platziert wurden, sind heute nicht mehr erkennbar oder wurden sehr stark weiter entwickelt, so dass der Bezug zu den etablierten Geschäftsmodellen aufgelöst wurde. User der neuen Geschäftsmodelle der kollektiven Intelligenz haben sich dazu eindeutig positioniert. Halbschwanger hat in diesen Thesen keine Zukunft. Auch die Wissenschaft folgt dieser Prämisse. Swarming ist ein gutes Beispiel für diese Erkenntnis.

Achte Erkenntnis: Was genau ist Theorie, was ist Praxis der kollektiven Intelligenz? Diese Trennung konnten wir bei dem überwiegenden Teil der Thesen der Praktiker nicht wieder finden. Damals sowie heute gab es diese Unterscheidung nicht. Es muss dem User helfen bzw. der Community dienen. Das war und ist das zentrale Thema. Bei den Wissenschaftlern fanden wir eine größere Menge an Hinweisen, dass die Theorien von den Communitys angenommen wurden.

Neunte Erkenntnis: Die Wissenschaftler haben die wesentlichen Thesen innerhalb der kollektiven Intelligenz Eventwochen später weitergepflegt.     ( Praktiker eher nicht! ) Allerdings nicht immer in eigenem Umfeld sondern auch schon mal in einem anderen wissenschaftlichen Zusammenhang. Gerade in den letzten 12 Monaten haben wir sehr interessante Antithesen zu den Thesen unserer Referenten entdeckt. Diese Diskussionen zeigen einmal mehr den hohen Stellenwert der Themen der letzten 8 kollektiven Intelligenz Eventwochen.

Zehnte Erkenntnis: Wie schon geschrieben, sind die Themen nicht homogen entwickelt und sind auch nicht stringent weiterentwickelt worden. Wir glauben, dass Open Source weiterhin ein Langläuferthema mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung bleibt. Crowdsourcing steht erst am Anfang seiner Entwicklung, ebenso Shareconomy. Beide Themen werden noch stark an gesellschaftlicher Bedeutung zunehmen, wenn die Geschäftsmodelle profesioneller geführt werden. Open Innovation stagniert zurzeit, weil die Portalbetreiber zu viel Geld und Ruhm für sich haben wollen. Wird diese Situation verändert, können noch erhebliche Potentiale erschlossen werden. Also erkennen wir ein heterogenes Bild der Themen, Thesen und Entwicklungen mit einer immer größer werdenden wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Bedeutung.

Wir werden diese Ausarbeitung noch in den nächsten Monaten ergänzen. Es stehen noch diverse Stellungnahmen der Referenten und Beteiligten aus.

Bei Fragen zu den Untersuchungen schreiben Sie bitte an: info@netbaes.com.

Netbaes 24.8.2015